Erfahrungsbericht: 99designs

Dieser Bericht kannst du als Finale betrachten. Ich teile an dieser Stelle unsere Erfahrungen mit der Plattform 99designs.de. Über Freelancer-Plattformen und auch über 99 im Speziellen hat unser Autor Kilian Otte einiges geschrieben. Nun aber kommt mein Erfahrungsbericht und ich muss gestehen, ich bin selbst überrascht. Achtung Spoiler-Alarm: Ich würde es wieder tun, jedoch mit einem ABER. In den letzten Wochen haben wir fünf Projekte über die Plattform abgewickelt. Fast alle in eigener Sache, denn 2021 wird es viele Neuheiten geben. Über einige wurde bereits in diesem Magazine berichtet. Stichwort Droptienda oder Elite-Dropshipping 5.


Nehmen wir Droptienda als Beispiel. Wie visualisiert man ein Shopsystem? Dieser Frage gehen wir bereits über Jahren nach. Denn so ziemlich alles, was wir tun, was wir bieten ist digital. Das ernüchternde Ergebnis findet ihr bei Instagram & Co. Alles mehr schlecht als recht. Aus dieser Tretmühle galt es auszusteigen. Die Idee war also, eine „Tante Emma“ muss her. Die Entstehungsgeschichte muss ich an dieser Stelle nicht wiederholen, denn diese findet ihr im entsprechenden Bericht, ebenfalls in dieser Ausgabe. Wichtig war nur, dass wir eine „coole und moderne“ Verkäuferin (Tante Emma) erhalten würden. Dies war also die Idee. Herausgekommen ist unsere Superhelden Oma alias Emma. Der Weg zu unserem finalen Logo war nicht einfach. Du siehst hier einige Erstentwürfe. Viel zu unmodern, viel zu triste Farben. Und genau das macht die Plattform besonders. Eine Vielzahl an Designern sendet unzählige Entwürfe für das benötigte Logo. In der Theorie wählt man sodann seinen Favoriten aus. In der Praxis wurde fast in jedem Projekt die prognostizierte Anzahl an Designern unterschritten. Das ist etwas ernüchtern. Insbesondere beim Droptienda-Projekt war die Enttäuschung groß. Denn wir haben uns bewusst für eines der größeren Pakete entschieden. Zum einen beflügelt durch die vorherigen Erfahrungen und zum anderen in dem Wissen, dass wir einen begabten Zeichner/ Grafiker benötigen für unsere Emma. Denn auch wenn sie heute in ihrem Laden, dem Tienda stehen sollte, so war uns klar: da muss mehr gehen. Unsere Superheldin soll in Zukunft durch unsere Webseite fliegen und in coolen Moves gezeigt werden können. Zur Auswahl stand also das Bronze-Paket zu 269 €, Silber zu 449 €, Gold zu 819 € bzw. das Platin zu 1.199 €. Hinzu kommt dann ein Upgrade für Briefpapier, Visitenkarten – dem sogenannten Corporate-Design-Paket. Normalerweise beauftragen wir immer das Silber-Paket. Logo-Erstellung zum genannten Preis zzgl. den benötigten Zusatzleistungen. Damit das Projekt auf der Plattform von möglichst vielen Designer gefunden werden kann, ist man auch gerne bereit nochmals in die Tasche zu greifen, um für eine verbesserte Sichtbarkeit (bessere Positionierung und farbliche Hervorhebung) zu zahlen. In Summe kann man also um 850-900 EUR für ein Gesamtpaket rechnen. Bei Droptienda haben wir das Gold-Paket gebucht. 


Letztendlich lagen wir bei runden 1.500 EUR Gesamtkosten (für das gesamte CI). Die Plattform wirbt mit: „Keine Vorlagen. Keine Roboter. Keine frustrierenden Apps. Stattdessen ein 100 % einzigartiges Logo-Design von kreativen Menschen.“ So schön das auch klingt, wir wissen aus eigener Erfahrung, das ist nicht immer so. Die Kreativität, die man sich von einer solchen Plattform erhofft, ist nicht so selbstverständlich wie gedacht. Bei nahezu allen Ausschreibungen mussten wir exakt benennen, was wir wünschten. Die Designer waren dann mehr oder weniger bemüht dies umzusetzen. Aber wenn du selbst keine Vorstellung hast, was du brauchst, wirst du mit dem Ergebnis tendenziell enttäuscht sein. Es ist also garantiert kein Selbstläufer!


Der gesamte Prozess dauert rund eine Woche. Unzählige Stunden musst du zudem einplanen, um mit den meist englischsprachigen Designern zu kommunizieren. Viele verschiedene Zeitzonen erschweren dies, da du mit unter mitten in der Nacht reagieren musst. Tust du das nicht, verliest du Zeit. Deine bezahlte Zeit! Am Ende zählt jede Minute, um das Maximum aus dem Projekt herauszuholen. Vorsicht ist auch geboten bei der sogenannten, Geld-zurück-Garantie. Die Plattform schreibt: „Erhalten Sie eine kostenlose Designberatung sowie deutschsprachige Kundenbetreuung. Ihnen gefällt Ihr Logo-Design nicht? Erhalten Sie Ihr Geld zurück“. Das stimmt wohl, ist aber in der Praxis nicht ganz so selbstverständlich wie es sich hier liest. Nutze ich nämliche diese Garantie, dann ist das Projekt-Budget nicht garantiert. Aufgrund dessen werden sich dann aber weniger Designer für das Projekt begeistern. Klar, der Ansporn fehlt. Wir haben uns daher dazu entschlossen, auf die Garantie zu verzichten. Bei dem ein oder anderen Projekt war es dann aber auch sehr rar gesät. Fast keine Logoentwürfe. In Summe also nicht die erwartende Anzahl. Mitunter gab es nur zwei aktive Designer, das ist extrem wenig. Da diese in verschiedenen Skill-Level unterteilt werden, ist es zudem so, dass tendenziell „Anfänger“ vorzufinden waren. Selbst im Gold-Paket von Droptienda gab es maximal „middle“ Designer. Für einen Tarif, welcher ausdrücklich bewirbt, dass es auch Experten gäbe, ist dies ernüchtern. Ebenfalls negativ aufgefallen ist uns, dass Zusatzoptionen wie der sogenannte Styleguide nicht überzeugen. Das Ziel eines Styleguide ist es, zu beschreiben wie bestimmte Elemente eines Druckerzeugnisses oder einer Website/Logo zu gestalten sind. Diese Richtlinien sollen ein einheitliches Erscheinungsbild in jedem Medium garantieren. Es macht grundsätzlich sehr viel Sinn, sich einen solchen Guide zu erstellen. Doch bedenkt man, dass dies extra bezahltet werden muss, dann sollte ein fehlerfreier Guide das mindeste sein. In der Praxis hatte aber jeder Fehler. Beispielsweise waren Farbwerte falsch benannt. Aber genau diese sind es, worum es geht. Hinzu kommt, dass in einem Gold-Paket ein solcher Guide teurer ist, wie in meinem Silber-Paket. Bedenkt man das die Arbeit immer die gleiche ist, denn der Inhalt ist ja faktisch gleich, so ergibt der Preisunterschied keine Rechtfertigung. Klar kann man einwenden, dass ein erfahrener Designer einen höheren Stundenlohn hat – das stimmt theoretisch natürlich, aber in der Praxis fehlte es in all unseren Projekten von diesen Experten. Wie gesagt, zu Gesicht bekamen wir nie einen. Höher als „Mittelstufe“ gab es nie einen.


In der Cyber-Week gab es dann ein Sonderangebot. Wir wurden über Facebook aufmerksam, dort wurde ein Rabatt versprochen. Da wir ohnehin eine weitere Designkonzeption benötigten, hatten wir das Angebot angenommen. In der Praxis gab es jedoch einige Fehler bei der Preisberechnung. Der Support in Berlin wurde kontaktiert. Erreichbar war dieser, gelöst wurde das Problem letztlich auch. Aber in Summe ist auch hier Optimierungspotenzial. Wir hatten in zwei von vier Projekten direkten Kontakt mit dem Support. Das ist keine glanzvolle Bilanz. Also in 50 % aller Ausschreibungen benötigten wir Hilfe. Zum einen aufgrund falscher Preisberechnungen und zum anderen aufgrund Probleme beim Upload der Logos. Unser Designer wurde nämlich ausversehen (?) von der Plattform gesperrt. Auch hier galt, Ende gut alles gut. Aber so ganz rund läuft es dann eben nicht. Und insbesondere, wenn man Zusatzoptionen bucht, wie Briefpapier, Facebook-Header etc. dann ist der Prozess nicht ausgereift. Denn nachdem die ersten Logo-Entwürfe vorliegen, wählt man seine Favoriten-Designer. Maximal sechs Stück an der Zahl. In der Praxis waren es oft weniger, da die Teilnehmerquote recht überschaubar ausfiel. In einem zweiten Schritte arbeitet man dann mit seinen Favoriten an den Details. Am Ende dieses Schrittes geht es dann zur Auslieferung der Materialien. Was wir anfänglich nicht wussten, auch wenn du das größere Gesamtpaket buchst, werden in den ersten beiden „Erstellungsphasen“ nur die Logos erarbeitet. Alles Weitere wie Briefpapier, Briefumschläge, Facebook-Header etc. macht der Designer dann „auf den letzten Drücker“. Der Prozess ist faktisch zu Ende. Es soll etwas ausgeliefert werden, was noch gar nicht erstellt wurde. Das ist extrem ernüchtern. Es ist für mich das größte Defizit an der Plattform. Denn der Prozess ist komplett auf Logo-Design ausgerichtet. Da aber die Komplettpakete (CI Pakete) angeboten werden, müsste man für eben solche auch den Prozess anpassen. Dem ist aber nicht so. Schön wäre, wenn man erst das Logo erarbeiten würde und dann zu den anderen gebuchten Bausteinen übergehen würde. Dieses „führen“ vermisse ich. In der Praxis bist du mit deinem Designer alleine gelassen und musst dann „nachträglich“ über bezahlte Dinge verhandeln. Unser Learning für Droptienda war es, dass wir in der zweiten Phase (der mit unserem Favoriten-Designer) direkt die Zusatzoptionen erstellen lassen haben. Soll das so? Keine Ahnung. Die Designer spielten mit, also scheinbar nicht ganz so exotisch. Aber ein klarer Ablauf wäre wünschenswert. In Summe sind wir zufrieden mit dem Ergebnis. Aber es erfordert Fleiß, eigene Ideen und klaren Ansagen. Wer sich dem nicht zu fein ist, der ist hier gut aufgehoben. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, werden wir wohl auch unser nächstes Designprojekt hier starten. Immerhin wissen wir jetzt wo der Schuh drückt.



Autor: Fabian Siegler

Bildquelle: Droptienda S.L.

22 Juni 2021