Krankenversicherung für Gründer?

Zu Beginn einer Selbstständigkeit treten viele Fragen auf. Eine davon lautet: Wie soll ich mich versichern? Im Angestelltendasein ist man oftmals in einer gesetzlichen Versicherung untergebracht, bei einer Unternehmensgründung ändern sich jedoch die äußeren Umstände.


Gesetzlich oder privat? Was ist günstiger und passt besser zu deiner Unternehmung? Wir klären auf, was es mit den verschiedenen Versicherungsformen auf sich hat!


Hard Facts zum Thema Krankenversicherung


  1. In Deutschland herrscht Krankenversicherungspflicht. Jeder Bundesbürger ist verpflichtet, sich gesetzlich oder privat zu versichern.
  2. Bei einer hauptberuflichen Selbstständigkeit endet die gesetzliche Versicherungspflicht zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit.
  3. Spätestens drei Monate nach Beendigung der Versicherungspflicht oder nach deiner Gründung bist du verpflichtet einen Antrag auf eine gesetzliche Versicherung zu stellen oder dich privat zu versichern.
  4. Nach § 190 SGV V dürfen sich Selbstständige bzw. Gründer nur dann freiwillig versichern, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Ende der Pflichtversicherung mindestens 24 Monate versichert waren.
  5. Als Selbstständiger zahlst du deine Krankenkassen-Beiträge immer selbst, ganz gleich, ob du gesetzlich oder privat versichert bist.


Gesetzlich oder privat – welche ist die bessere Lösung?


Grundsätzlich gibt es keine allgemeingültige Empfehlung, welche Entscheidung hier die Richtige ist. Es gibt zu viele individuelle Faktoren, die die passende Wahl beeinflussen. Überprüfe deshalb die folgenden Voraussetzungen, um eine optimale Strategie für dich ableiten zu können.

Entscheidungskriterium: Hauptberuf oder Nebenberuf


Wenn du noch fest angestellt bist und dein selbstständiges Business nur nebenbei läuft, mach dir keine Gedanken! Dann kannst du nämlich einfach gesetzlich über deinen Arbeitgeber versichert bleiben und musst nichts weiter unternehmen oder ummelden. Beachte allerdings, dass deine selbstständige Tätigkeit dann auch wirklich nur nebenberuflich sein darf! Das heißt, dein selbstständiges Einkommen darf dein hauptberufliches Einkommen nicht überschreiten. Auch dein zeitliches Engagement deiner Gründung sollte deine hauptberufliche Tätigkeit nicht toppen. Das heißt: Du darfst nicht mehr als 18-20 Stunden in der Woche selbstständig arbeiten. Außerdem kannst du keine Mitarbeiter beschäftigen – ansonsten wird deine selbstständige Tätigkeit automatisch als hauptberuflich eingestuft.


Wichtig: Wenn du vorhast, erst einmal nebenberuflich zu gründen und dann später zu entscheiden, ob du deine Selbstständigkeit zu deinem Hauptberuf machst, dann behalte genau im Blick, wie sich dein Einkommen und deine zeitliche Aktivität entwickelt. Wenn die Krankenkasse im Nachhinein feststellt, dass du aufgrund einer falschen Einstufung zu geringe Krankenkassenbeiträge gezahlt hast, werden unter Umständen hohe Nachzahlungen fällig. Bist du dir unsicher, wie dein aktueller Status korrekt einzuordnen ist? Dann lass dich einfach von deiner Krankenkassen beraten.


Entscheidungskriterium: Deine Vor-Versicherung


Wenn du bereits vorher privat versichert warst, bleibst du auch weiterhin privat versichert. Nur wenn du bisher gesetzlich versichert warst und deine Versicherungspflicht mit dem Ende deiner Festanstellung endet, musst du dich entscheiden, ob du zukünftig gesetzlich oder privat versichert werden möchtest.


Die Unterschiede zwischen der gesetzlichen und privaten Versicherung


  • Eine gesetzliche Krankenversicherung arbeitet nach dem Solidaritätsprinzip.
  • Eine private Krankenversicherung arbeitet nach dem Äquivalenzprinzip, beziehungsweise nach marktwirtschaftlichen Gesetzen.
  • In der gesetzlichen Krankenkasse hängt die Beitragshöhe von deinem Einkommen ab.
  • In der privaten Krankenkasse hängt die Beitragshöhe von deinem Alter und deiner Gesundheit ab.
  • In den gesetzlichen Krankenversicherungen sind die Leistungen, die du bezahlt bekommst, größtenteils identisch.
  • In der privaten Krankenversicherung kann der Umfang der Leistungen sehr individuell angepasst werden und hängt von der Höhe deiner Gebühren ab.
  • In der gesetzlichen Krankenversicherung kann, wenn gewünscht, die ganze Familie mitversichert sein.
  • In der privaten Krankenversicherung muss jeder Familienangehörige einen eigenen Vertrag schließen.


Die Vorteile einer gesetzlichen Krankenversicherung


In einer Ehe oder wenn Kinder geplant sind, ist eine gesetzliche Krankenversicherung oft die bessere Wahl. Denn hier lassen sich Ehepartner oder Partner aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sehr kostengünstig mitversichern. Wenn nicht sogar kostenfrei! Um eine kostenlose Mitversicherung zu nutzen, darf der Partner jedoch nicht mehr als in einem Minijob verdienen, also die Einkommensgrenze von 450 Euro monatlich nicht überschreiten.

Kinder sind meist kostenlos mitversichert. Wenn du also bereits eine Familie hast oder in der Planung einer solchen steckst, bietet sich die gesetzliche Versicherung an. Vor allem, weil du zu einem späteren Zeitpunkt nur sehr schwer bis gar nicht von einer privaten Versicherung zurück in eine gesetzliche wechseln kannst.


Darüber hinaus bietet der Vertragsabschluss in einer gesetzlichen Versicherung auch noch weitere Vorteile für dich. Es ist kein Gesundheitscheck für die Aufnahme erforderlich. Das heißt, dass du zum Beispiel auch bei chronischen Krankheiten keine Probleme bekommst, in eine gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Außerdem ist die gesetzliche Kasse berechenbarer – die Beiträge bleiben auch für ältere Gründer kalkulierbar. Denn du zahlst immer 14 Prozent deines Einkommens. Sinken deine Einnahmen, so sinken auch deine Beiträge! Die Höchstgrenze deines zu berechnenden Einkommens ist auf 4.537 Euro festgesetzt, die Mindestgrenze liegt bei 1.038 Euro. Verdienst du also mehr oder weniger als die festgelegten Grenzen, wird der entsprechende Grenzwert als Bemessungsgrundlage genutzt.


Aber: Du musst bedenken, dass du mit einer gesetzlichen Versicherung teilweise hohe Zuzahlungen zum Zahnersatz oder zu bestimmten Medikamenten erbringen musst. Außerdem wirst du nur durch Kassen- oder Vetragsärzte behandelt. Wenn dich das nicht stört, dann go for it!


Die Vorteile einer privaten Krankenversicherung


Nun ja, es ist kein Geheimnis, dass privat versicherte Patienten in der Regel bevorzugt behandelt werden. Denn Ärzte und Krankenhäuser verdienen einfach mehr an Privatversicherten. Das heißt auf gut Deutsch: Du hast kürzere Wartezeiten in den Praxen, genießt bevorzugte Behandlung und oft bessere Leistungen.

Wenn du noch jung und kinderlos bist, lohnt sich eine private Versicherung oft. Denn dann sind auch die Beiträge niedrig – meist niedriger als in der gesetzlichen Versicherung. Außerdem kannst du dich bei Gesundheit über hohe Rückzahlungen freuen. So bieten einige Krankenkassen bis zu 6 Monatsbeiträge Rückzahlung an, wenn du innerhalb eines Jahres keinen Arzt aufsuchst.

Bei der privaten KV hast du außerdem die Wahl zwischen vielen individuellen Zusatzleistungen, die zu dir passen. So können Brillenträger einen Extra Brillentarif wählen oder Zahngeschädigte eine passende Zahnzusatz-Versicherung.


Aber: Bist du einmal in einer privaten Krankenversicherung, wird es verdammt schwer, in eine gesetzliche Versicherung zurück zu wechseln. Ein Wechsel ist nur dann möglich, wenn du wieder fest angestellt bist und zum „Gering“-Verdiener wirst. Dann darfst du bis höchstens 60.750 Euro brutto im Jahr verdienen (Stand 2019). Für Personen über 55 Jahren ist es nahezu unmöglich, zurück in eine gesetzliche Versicherung zu wechseln – höchstens über den Ehepartner ist dann noch ein Wechsel möglich.


Krankengeld – was ist das?


Besonders für Selbstständige und Gründer ist das Krankengeld extrem wichtig! Denn das Krankengeld stellt bei Verdienstausfall durch eine Krankheit oft die einzige Möglichkeit eines Einkommens dar.

In der gesetzlichen Versicherung kann man seit 2009 das Krankengeld als Wahltarif vereinbaren. Entscheidest du dich für das Krankengeld, zahlst du den regulären Beitragssatz, der 0,6 Prozent über dem rabattierten Beitragssatz von 15,1 Prozent liegt. Bei einem krankheitsbedingten Ausfall erhältst du dann ab dem 43. Krankheitstag einen Lohnersatz von 70 Prozent deines bisherigen Brutto-Gehalts. Die Auszahlung erfolgt steuerfrei. Bei Selbstständigen und Gründern gilt ein Höchstbetrag von 105,88 Euro/Tag (Stand 2019). Das Krankengeld wird bis zu 78 Wochen ausgezahlt.


In der privaten Krankenversicherung wird die Höhe des Krankengeldes individuell berechnet und kann in verschiedenen Tarifen gewählt werden. Hier kannst du dich auf Wunsch bereits ab dem ersten

 Krankheitstag absichern und sogar Samstage und Sonntage auszahlen lassen. Lass dich am besten von einem Versicherungsexperten deiner Wahl beraten.

Tipp: Auch wenn du gesetzlich versichert bist, kannst du eine zusätzliche private Krankengeld-Versicherung abschließen. Somit bist du doppelt abgesichert und schließt die Lücke bis zum 43. Krankheitstag in der gesetzlichen KV.


Ein Gründungszuschuss lohnt sich!


Wenn du einen Gründungszuschuss beziehst, darfst du dich über eine reduzierte Bemessungsgrundlage freuen! Diese wird dann in der Höhe von 1.452 Euro angesetzt. Das heißt, auch wenn du in der Zeit, in der du einen Gründungszuschuss beziehst, bereits deutlich mehr verdienst, zahlst du trotzdem nur 253,46 Euro monatlich. Diese Beitragsreduzierung gilt jedoch nur im Zeitraum deines Gründungszuschusses und ohne einen Anspruch von Krankengeld!


23 Juni 2021